Eine kleine Hofchronik

Den steinigen Schotterböden rund um Vaterstetten konnten unsere Vorfahren nur geringe Ernten abringen. Mühsam war die Feldarbeit. Rinder, Schafe und Schweine ernährten sich vom spärlichen Aufwuchs der Wiesen und als im Jahre 1823 der Maurer Franz Litzelfelder den halben Acker Grundbesitz des „Heimerer Hofes“ erwarb, es waren 29,52 Tagwerk (ca. 10 ha), dienten die Erträge der Naturalversorgung seiner Arbeiterfamilie.

 

Auf einem 24m breiten Feldstreifen, dem Bifang 6 ½ Nr. 31 errichtete der Maurer 1829 eine eigene Hofstelle, das „Maurer-Gütchen“. Es war das 19. Haus in Vaterstetten. Das Gütchen diente drei Generationen verschiedenen Arbeiterfamilien als Wohnsitz. 1879 erwarb der Jagdaufseher Balthasar Huber das Anwesen. Ein orkanartiger Sturm „demolierte“ 1902 die Baulichkeiten. Auf den alten Grundmauern errichtete Balthasar Huber ein neues Gehöft, das erstmals von Balthasar Zehetmeier, 1910 von der Witwe Maria Betzel, erworben wurde. Nach deren plötzlichen Tod bekam Anna Stürzer, ihre ledige Tochter den Hof zugesprochen. Ein Jahr später heiratete sie den Bauernsohn und Zimmermann Balthasar Reitsberger (1884 – 1974) aus Salmdorf. Mit zähem Fleiß und äußerster Sparsamkeit festigte man den Besitzstand, erwarb zusätzlichen Feldgrund und errichtete 1928 einen für die damaligen Verhältnisse sehr modernen Stall.

 

Mit Hilfe von Mineraldünger und besseren Bewirtschaftungsmethoden konnten die Erträge gesteigert werden und der Hof ernährte die Bauersfamilie. Schon zur damaligen Zeit hatte der Reitsberger-Hof für das Dorfleben ein offenes Tor. Erinnert sei an die jährliche Kirta-Hutsch´n und an die Fahnenweihe des Kriegervereins, die Pater Ruppert Meyer im Jahre 1927 auf der Hofwiese zelebrierte. Aber auch Schicksalsschläge waren zu verzeichnen. Der Hagelschaden an drei aufeinanderfolgenden Jahren 1928/29/30 und die Maul- und Klauenseuche.

 

Glücklicherweise forderte der 2. Weltkrieg kein Menschenleben aus der Familie. Der 1948 aus russischer Gefangenschaft heimkehrende Sohn Balthasar Reitsberger (1912 – 1982) heiratete 1949 die Bauerstochter Rita Silberg aus Baldham. Aus Ihrer Ehe gingen acht Kinder hervor, die auf dem Hof aufwuchsen. Der einsetzende Wandel in der Landwirtschaft zeigte auch auf dem Reitsberger Anwesen seine Spuren. Den jeweiligen Erfordernissen mussten die Mechanisierung und Baulichkeiten angepaßt werden.

 

Einer Hoferweiterung 1956 folgten weitere Umbaumaßnahmen wie Milchviehstallerweiterung und Bau einer größeren Maschinenhalle. 1979 übernahm der älteste Sohn, Georg Reitsberger, das Anwesen. Die Ehe mit Frau Karin, einer ausgebildeten Pferdewirtin, begründete die Pferdehaltung. Die Siedlungsnähe erlaubte die Ausweitung der Direktvermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Auch wurde zunehmend Kommunales Mähgut verwertet und die Kompostisierung organischer Hausabfälle geplant. Die beengte Hofstelle inmitten einer sich verdichtenden Wohnbebauung war diesen Anforderungen nicht mehr gewachsen. Ihre Veräußerung bildete den finanziellen Grundstock zum Bau einer großzügig angelegten Hofstelle am Ortsrand.

 

Der neue, einladende Hof öffnete 1995 seine Tore für Menchen, die Anteil am Wachsen und Gedeihen von Pflanze und Tier nehmen wollen und sich an den unverfälschten Gaben der Natur erfreuen können.